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Romuald
Karmakar / Michael Farin
Kalle Laar / Georg Zeitblom
Das Warheads -
Oratorium
CD |
Komposition: Kalle Laar / Georg Zeitblom
Mit: Manfred Zapatka
Produktion: Bayerischer Rundfunk / BR
Hörspiel und Medienkunst
Das Warheads-Oratorium
Kurze Chronik der Ereignisse
Wir haben uns
daran gewöhnt, das Reden in Schlagworten und halbwahren Begriffen
für 'Analyse' zu halten. Analyse aber bedeutet Auflösung, Brechung,
Zersetzung?
Andreas Kilb in der Zeit über Warheads.
19.07.1989
Anzeige Romuald Karmakars in der Münchner Abendzeitung: Ex-Söldner,
Ex-Legionäre für Filmprojekt gesucht. Daraufhin erstes Treffen
mit Günter Aschenbrenner.
Exkurs I
Günter Aschenbrenner: 1939 in der Bischofsstadt Eichstätt geboren.
Sein Vater fällt 1943 in Stalingrad. Seine Mutter hat sechs Kinder
zu versorgen. Er wächst bei den Franziskanern auf. Die SS-Zugehörigkeit
des Vaters überschattet seine sozialen Kontakte. Mit fünfzehn
Jahren zieht er zu seinem Onkel nach Stuttgart. Mit neunzehn Jahren meldet
er sich zur Französischen Fremdenlegion. Über den Eingängen
der Kaserne stand: Legionär, du bist gekommen, um zu sterben, und
wir werden dich dorthin führen, wo du sterben kannst. Uns war also
völlig klar, was uns erwartete. Niemand aber dachte wirklich immer
daran... Dann war da Einkleiden, erstmal alles nackt ausziehen, sofort
zum Frisör, Haare runter bis auf die Wurzeln und dann einkleiden,
desinfizieren, dann erstmal zum Essen und dann kamen die Tests. Psychische
Tests, physische Tests, medizinische Untersuchungen. Und da wurde man
schon eingegliedert, eingestuft, jeder nach seinem Profil, das er zeigte...
das wird ein Infanterist, das einer, der im Büro arbeitet usw. Ich
nehme an, schon damals wurde ich als Fallschirmjäger eingestuft,
sehr kräftig, sportlich, durchtrainiert, jung. Und dann ging's los,
nach 14 Tagen so ungefähr, ging's los mit der 'Sidi-Bel-Abbès',
einem Schiff, von Marseille nach Oran, Algerien. Das war 1958.
Den Einsätzen in Algerien folgen Operationen im Tschad, in Djibouti,
der Republik Zentralafrika, auf Tahiti, dem Mururoa-Atoll (17 Atombomben),
Französisch-Guayana, Zaire.
Daß die Seele der Legion deutsch sei, das stammt sicherlich aus
dieser Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem der Zusammenbruch war...
Eine sehr große Majorität des Unteroffizierskorps waren Deutsche,
fast ausschließlich, über 80 %. Es wurde sehr viel Deutsch
gesprochen, es wurde deutsch gesungen, die Märsche, deutsche Märsche.
Und der ganze Trainingsstil und die Disziplin waren deutsch. Beim Exerzieren
zum Beispiel, also wenn man Marschieren lernen mußte im Gleichschritt
usw., wurden deutsche Märsche gesungen wie Westerwald, wie Anne Marie,
Mein Regiment, mein Heimatland usf. Aber ich sage ja, Nazi-Lieder wurden
nur abends gesungen, in der Kantine, im Foyer des Legionärs. Die
französischen Offiziere, die waren ja nur Passage, die machen da
zwei Jahre und gehen dann wieder weg. Das war eben unsere Familie. 1979, nach zwanzig Jahren, beendet er seine Legionärslaufbahn im
2. Fallschirmjägerregiment mit dem höchsten Unteroffiziersgrad.
1979 nimmt Günter Aschenbrenner einen Auftrag für eine deutsche
Firma in Zaire an, die mit Raketen Atommüll in den Weltraum befördern
will. Seit 1989 ist er in Nordafrika beschäftigt.
13.06. bis 02.07.1990
Erste Drehzeit des Films Warheads (Arbeitstitel damals noch 9 Commando)
in Jackson, Mississippi, USA: Aufnahmen vom Training der Special Assault
School und Interviews mit Aschenbrenner.
26.01.1991
Reise Karmakars nach Liverpool. Der Söldner Karl Penta erklärt
sich zur Mitarbeit am Film bereit.
Exkurs II
Karl Penta, 1950 in Liverpool geboren. Elf Jahre fährt er auf englischen
und norwegischen Schiffen.
There is a vast difference between al legionnaire and a mercenary.
Es gibt einen großen Unterschied zwischen einem Legionär und
einem Söldner... wenn du in der Fremdenlegion bist, weißt du,
wieviel Geld du kriegst, du weißt, welche Waffen du haben wirst,
welche Ausrüstung dir im Einsatz zur Verfügung steht. Bei mir
ist das ganz anders. Ich weiß nicht, ob ich eine rote oder eine
verdammte blaue Mütze tragen werde. In der Legion weißt du,
welche Farben du an jedem Tag trägst. Bei mir ändert sich das
ständig.
Danach beginnt seine Zeit als Söldner, unter anderem in Westafrika,
im Libanon, in Sri Lanka, im Süden des Sudans, in Surinam (mit den
schwarzen Rebellen des Jungle Commando). 1991 ist er in Kroatien. Ich erzähl dir mal etwas über Freundschaften im Söldnergeschäft.
Es gibt sehr nette Kerle, mit denen man durch dick und dünn gehen
kann, wirklich nette Jungs. Wenn du sie unter großen Druck setzt,
ich meine wirklich sehr großen Druck, der sie bis auf's Äußerste
belastet, so daß sie meinen, sie müßten am nächsten
Tag sterben, dann mußt du mal beobachten, wie sich ihr Charakter
verändert. Du wirst sehen, daß aus diesen echten Kerlen richtige
Teufel werden können, denen jedes Mittel recht ist.
17.04. bis 26.04.1991
Zweite Drehzeit in Französisch-Guayana: Interviews mit Aschenbrenner
und Aufnahmen der Orte, die in Verbindung zu seiner einstigen Stationierung
stehen.
15.10.1991
Dritte Drehzeit: Interview mit Karl in München.
14.12.1991 bis 01.01.1992
Vierte Drehzeit: Interviews mit Karl und Aufnahmen im zerstörten
Gospic.
27.07.1992
Null-Kopie des Films Warheads. (16mm, Farbe, 182 Minuten) Verleih: Ambush
Entertainment.
14.08.1992
Weltpremiere von Warheads auf dem 45. Internationalen Filmfestival von
Locarno.
16.02.1993
Deutsche Premiere von Warheads auf den 43. Internationalen Filmfestspielen
von Berlin.
Exkurs III
Warheads sind (Raketen-)Sprengköpfe, aber es trifft auch für
die Köpfe jener zu, bei denen der Krieg das Denken bestimmt. (Kölner Stadt-Zeitung)
Imponierend an seinem Film, der ohne Kommentar auskommt und in seinen
spröden Dialog-Passagen einige Geduld vom Zuschauer verlangt, sind
jene Abgründe, die sich erst jenseits des Gesprochenen auftun.(Kölner
Rundschau)
Analyse aber bedeutet Auflösung, Brechung, Zersetzung, und davon
handelt Karmakars Film. Der Krieg zersetzt die Welt, und Karmakar analysiert
den Krieg, indem er den Kriegern mit der Kamera folgt, vorsichtig, geduldig,
ohne Besserwisserei. Er schaut dem Tod nicht bei der Arbeit zu, sondern
in den Ruhepausen, wenn sich das Erlebte in den Gesichtern spiegelt. (Die Zeit)
02.07.1993
Der Bayerische Rundfunk sendet den ersten Teil der Trilogie Warheads,
das Readytape Nacht über Gospic. (Länge: 40'35 Min.) In der Nacht vom 27. Dezember erleben wir zum ersten Mal einen Artillerieangriff
auf die Stadt. Der Kameramann liegt im Bett, der Tonmann befindet sich
in der Küche, und ich sitze mit meinem Tonbandgerät auf dem
Balkon, schreibt Karmakar dazu. Das Hörspiel dokumentiert etwa ein
halbe Stunde lang den Artillerieangriff auf Gospic und den Rhythmus, in
dem sich ein- und ausfliegende Geschosse abwechseln. Dazwischen das Bellen
von Hunden, vereinzelte Gewehrsalven, ein vorbeifahrendes Auto und Reaktionen
der Anwesenden auf die Nähe der Einschläge.
28.11.1997
Der Bayerische Rundfunk sendet den zweiten Teil der Trilogie Warheads:
Das Warheads-Oratorium. (Länge: 66'10) O-Ton-Interview-Passagen
von Günter Aschenbrenner und Karl Penta, verwoben mit vom Schauspieler
Manfred Zapatka gesprochenen, von Michael Farin kondensierten Originaltexten,
durchwirkt von teilweise aus Originalgeräuschen des Films entwickelten
Kompositionen von Kalle Laar und Zeitblom, realisiert von Romuald Karmakar
und Bernhard Jugel. Es ist wie eine Droge, dieses Leben, ...weißt
du, es ist wie im Whirlpool. Du kommst nicht mehr raus, wenn du einmal
drin bist. Für mich jedenfalls ist es so? wie ein selbstvernichtender
Whirlpool. Ich kann aus dem Scheißding nicht mehr raus. Aber eines
Tages werde ich in diesem verdammten Loch versinken.
Karl Penta
intermedium
rec. 006
ISBN 978-3-939444-07-7
Wenige Restexemplare
30.– €
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