|
|
¬ über ¬ neues ¬ records ¬ künstler ¬ kontakt ¬ links |
Es gibt kaum eine
große Zeitung, die noch nicht über Günther Koch geschrieben
hat. Bisher sind zwei CDs mit Radioreportagen der "Stimme Frankens"
erschienen. "Wir rufen Günther Koch“ und der zweite Teil
"Wir hören Günther Koch". Im April 2001 wird Günther
Koch sein 25. Jahr als Sportreporter beginnen und es war Zeit für
eine weitere Ehrung. Keine nochmalige Auswahl seiner Reportagen, vielmehr
wird ihm durch verschiedene Künstler ein Denkmal gesetzt. Der bayerische
Beatman Nun horcht zwar inzwischen das meiste auf den Namen Kunst oder trägt den Titel des Kunstwerks (vor sich her), doch das schmälert den mit "Günther Koch Revisited – Voll in den Mann", dieser Symphonie in zweiundzwanzig Partien, unternommenen Versuch nicht, einen lebenden Klassiker der Sportberichterstattung, genauer: der Radiolivereportage zu würdigen, zu ehren, ein wenig auch, das gehört zum guten Ton zeitgenössischer Kunst, zu destruieren, meinethalben zu dekonstruieren. Freilich wäre
die Frage nicht gänzlich unangemessen, ob man Koch, oft und zu Recht
"Poet” und "Virtuose” und "Künstler”
gerufen und mehrfach ausgezeichnet (u. a. die "Viktoria” der
Sport Bild und den "Herbert-Zimmermann-Preis" der ARD räumte
er ab), ob man einen, der sein eigener DJ ist, zu überbieten, zu
nobilitieren, quasi zu überkunsten vermag. Koch improvisiert wie
kein zweiter; Koch schnalzt, schreit, brüllt, wispert, singt, fleht,
flennt, feiert, verflucht und verherrlicht feurig und fidel; Koch moduliert
manisch, schichtet Satzungetüme aufeinander, montiert und kombiniert
besessen das Unvereinbare, den hellen Klang der hymnischen Begeisterung
mit der Abschweifung, den dialektalen Sound mit dem Bildungsaperçu,
das lapidare Geschwätz mit der konzentrierten Informationsweitergabe,
die sachliche Schilderung mit dem Furor des Fans. Was und wer soll ihm,
dem Originaltenor, dem, sagen wir, Pavarotti oder, hm, evtl. eher Bergonzi
des Mikrophons, gerecht werden? Viele, nein: alle hier versammelten Beiträge danken dem charmanten Erst- und O-Ton des bayerisch-fränkischen Beatmans durch schiere Infiziertheit, Hingabe. Da teilt sich einerseits der Schmerz mit, den der unglaubliche 99er Abstieg des 1. FC Nürnberg Günther Koch bereitete ("Ich will das nicht mehr”), und zwar gesteigerter, reiner, zum ästhetischen Ausdruck kondensiert; andererseits quillt und quallt und sprudelt und wabert die pure Passion des Fußballaficionados, mal gebändigt, mal verstärkt bis zum blanken Getöse und Krawall, mal nah am Material, mal jenem fern, die Idee dessen fortsetzend, umwandelnd, neu formulierend, was die höchste und leicht archaische Gestalt des Journalismus, der Livebericht des Radioreporters, derart schwer faßbar macht. Ja, eine Liaison Koch und Hörspiel/Musik, "das ist nicht ganz unrisikovoll” (Koch), um nicht zu raunen: ist nicht ganz voller Unrisiko. Und da es aber womöglich, mit Kafka zu unken, den Fußball demnächst dahinrafft, die Erinnerung, o herrlicher Trost, an seine schönsten, wundersamsten Momente ("Babbel! Babbel! Babbel! Babbel!”) bleibt, unserem Kollektivgedächtnis einverleibt, aufbewahrt in tönenden Werken der ewig olympischen Kunst. Irgendwie so jedenfalls. Jürgen Roth intermedium
rec. 007
|
|||
über • neues • records • künstler • bestellen • kontakt / impressum • links |