|
|
¬ über ¬ neues ¬ records ¬ künstler ¬ kontakt ¬ links |
Eine ehemalige Heroine
Amerikas, ein längst verstorbenes Idol, ruft aus dem Jenseits die
Toten an. Dabei erschafft sie ein Bild von sich selbst, sie prüft
Inhalt und Form ihrer Rolle, sie inszeniert sich als Kunstwerk. Mit biografischen
Fakten und einem permanenten Vergleich mit Marilyn Monroe, Jackies stärkster
Gegenspielerin, beschreibt Jelinek in ihrem Hörspielmonolog Jacqueline
Bouvier (1929 – 1994), die Witwe des US-Präsidenten John F.
Kennedy und des griechischen Milliardärs Aristoteles Onassis. Ein
Leben voller Glanz und Glamour, Bedeutung und Behauptung, Schicksalsschläge
und Schocks passiert Revue. Der Hörspielsendung stellte Karl Bruckmaier
Bob Dylans Song 'Leopard-skin pill-box hat‘ voran. Das konzentrierte
Textgebilde zieht immer engere Kreise um Jackie und ihre Familie. Mit
analytischer Präzision verleiht Elfriede Jelinek ihrem Text und der
Rolle der Jackie eine immer deutliche Eigenwahrnehmung des Charakters
und es gelingt eine feministische Einschätzung einer Person des öffentlichen
Lebens sowie des politischen und gesellschaftlichen Zeitgeschehens. Barbara Schäfer
'Ein Zombie hing am Glockenseil‘ hieß einst ein billiger italienischer Horrorfilm. Jelineks Zombie heißt Jackie und hängt am Glockenseil seiner Erinnerungen, sitzt auf einer Parkbank im Jenseits; wie 'Forrest Gump‘ hat dieser Zombie seinen Unterkiefer ausgehängt und lässt den Text laufen. Schnell errät man den Namen dieser Untoten. Selbst nach dem lang zurückliegenden Ableben werden Haut und Knochen von Haute Couture zusammengehalten, die Seele dagegen von Eifersucht und Selbsttäuschung zerfressen. Ein Leben, eine Haltung implodiert, was eben noch als Philosophie erschien, wird abgeschmackte Phrase, was eben noch wie Weisheit wirkte, wird zur grotesken Dummheit. Elfriede Jelinek nimmt diesen Zombie an, lässt ihn sich ausheulen, lässt ihn vertrackte Wortakrobatik treiben, lässt ihn die Schrecknisse eines Menschenlebens unbarmherzig im trüben Drüben wieder erleben. Die Regie lässt den Text kreisen, gar rotieren, lässt ihn scheinbar sinnfrei mäandern bis zum Delirium; ideal für diesen Ansatz ist die Stimme von Marion Breckwoldt, die Jelineks Zombie-Sentenzen durch die Inszenierung wälzt als wären sie Bonmots, wie sie eben beim Kaffeeklatsch einer First Lady fallen, meine Liebe... Schlechte Stimmung also im Jenseits, aber alle Anwesenden haben guten Grund dazu. Karl Bruckmaier intermedium
rec. 021
|
|||||
über • neues • records • künstler • bestellen • kontakt / impressum • links |